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Schritt halten mit der Zeit

26. Mai 2022 | Pilates & Functional Training
Junge Frau im Pullover und Minirock, die auf einer Straße fröhlich in die Luft springt
So alt wie die Menschheit: Der Freudensprung (Foto: © SolStock)

Die Anforderung an den Menschen haben sich über die letzten Jahrtausende und ganz besonders in den letzten beiden Jahrhunderten radikal verändert: Waren wir als Jäger und Sammler noch darauf angewiesen, beinahe ständig in Bewegung zu bleiben, um zu überleben, so sind wir durch die Zivilisierung, den Zusammenschluss zu größeren Gesellschaften und schließlich über die digitale weltweite Vernetzung in einer Art physischen Stillstand gelandet.

Mit ein paar Clicks zum Glück?

Mittlerweile können wir uns über ein paar Clicks Essen liefern lassen, Kleidung bestellen und uns mit anderen Menschen vernetzen. Sogar die Partnersuche ist auf digitalem Weg möglich geworden! All diese Erleichterungen führen jedoch nicht unbedingt zu einer Stärkung unserer Gesundheit, im Gegenteil, die sogenannten ,Zivilisationskrankheiten‘ überrollen die Gesellschaft: Herzgefäßerkrankungen, Stoffwechselerkrankungen, bestimmte Arten von Krebs, Osteoarthritits, Osteoporose, Allergien, Depression, Fettleibigkeit, Bluthochdruck, Asthma oder Gicht sind einige dieser Erkrankungen. Sie werden zwar der Überflussgesellschaft zugeschrieben, aber bei genauerer Betrachtung lassen sie sich nicht zurückführen auf einen Überfluss an Geld oder Nahrung - vielmehr auf eine Art Erkrankung des Verhaltens im Sinne eines ,fehl-angepaßten‘ Umgangs mit der veränderten Lebenssituation.

Zivilisationskrankheit physischer Stillstand

Wenn die Grundversorgung wie Essen, sauberes Wasser und ein Zuhause gegeben ist, übernimmt die Natur: Es ist ganz natürlich, Arbeit oder in diesem Fall Bewegung zu vermeiden, wenn die Konsequenz des Stillstands nicht unmittelbar lebensbedrohend ist. Der Komfort durch technische und medizinische Errungenschaften aktiviert unser tief in der DNA verankertes Programm ,Energie sparen, wenn keine Lebensgefahr droht‘. Nicht im Programm vorgesehen sind jedoch lange Phasen der Inaktivität.

Bewegung ist wie Nahrung

Wie die Nahrungsaufnahme, so aktiviert auch die Bewegung die Zelltätigkeit und damit auch die im Zellkern enthaltene DNA. In unserer DNA ist die Loslösung von körperlichen Bedürfnissen wie Essen und Trinken nicht programmiert, oder, um den Verfechtern der Lichtnahrung entgegen zu kommen, vielleicht ist sie noch nicht aktiviert. Zu den körperlichen Bedürfnissen und damit nicht verhandelbar als Option zählt aber auch die Bewegung, und gerade sie ist ausschlaggebend für die Aktivierung unseres Potentials und die Anpassung an die Lebensumstände.

Gelber Kostlerfalter nach der Entpuppung am grünen Zweig mit weißen Blüten
Schwerstarbeit, die stark macht: Ein Schmetterling frisch nach der Entpuppung (© Mathisa_s, istockphoto)

 

Du bist, wie Du Dich bewegst

Bewegung ist überlebenswichtig, und ein Teil unserer Natur. Jeder kennt das Bild der Raupe, die sich verpuppt und im Kokon zum Schmetterling reift. Der Schmetterling muss jedoch, um überhaupt lebensfähig zu sein, diesen Kokon selbst durchbrechen. Vermeintliche Hilfe von außen, indem man den Kokon öffnet, bevor der Schmetterling dies durch mühevolle Stunden der Schwerstarbeit selbst tut, führt zum Tod des zarten Wesens.

Bewegung wird über chemische Prozesse ein Teil von Dir

Sowohl Nahrung als auch Bewegung bringen eine Kaskade an biochemischen Prozessen in Gang, die den Zustand unserer Physiologie verändern. Die Umwandlung von ,Input‘ durch Bewegung in biochemische Prozesse nennt man Mechanotransduktion.

Grob gesagt besteht unser Körper aus Organsystemen, die wiederum aus den Organen selbst bestehen und diese wiederum bestehen aus Gewebe, das seinerseits aus Zellen besteht. Unser gesamter Körper besteht somit aus Zellen, die durch eine extrazelluläre Matrix, ein komplexes Netzwerk aus Polysacchariden und Proteinen, die sowohl die Struktur bilden als auch alle Aspekte des Zellverhaltens regulieren. Diese Matrix nennen wir die Faszie, und sie wird aus wissenschaftlicher Sicht mittlerweile als so etwas wie unser sechster Sinn gesehen, unser inneres Wahrnehmungsorgan.

Wenn Du also Deine Arme und Beine, Deinen Torso oder Kopf bewegst, arrangierst Du nicht nur die Gliedmaßen Deines Körpers und Deiner Wirbelsäule, sondern durch die dabei in Gang gesetzten biochemischen Abläufe auch Deine kleinsten Zellstrukturen, und Du trägst so zu Deiner Organgesundheit bei.

Mit ein paar Bewegungen zum Glück!

Schon nach 20 Minuten unter Stress in angespannter Haltung beginnt sich der Körper auf Zellebene an die Situation anzupassen. Nach 30 Minuten im Sitzen verlangsamt sich der Stoffwechsel um 90 Prozent! Die Aktivität der Enzyme, die schlechte Fette aus Deinen Arterien in Deine Muskeln befördern, verlangsamt sich. Und nach zwei Stunden fällt der Spiegel des guten Cholesterols, das u.a. wichtig ist für den Aufbau der Zellmembranen. Nicht gebrauchte Areale werden heruntergefahren, Muskeln beginnen sich zu verkürzen. Die Haltung hat große Auswirkung auf unser emotionales Befinden und unsere Psyche. Für das Wohlbefinden und einen ,Reset‘ bis auf Zellebene reicht es schon, öfter eine kurze Pause von nur fünf Minuten einzulegen und sich zu bewegen, dann kommt der Stoffwechsel wieder in Gang. 

Mehr zum Thema: 

» Katy Bowman: Move your DNA

» Robert Schleip: Faszienfitness

 

Bildnachweis Titelbild: © SolStock

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Portrait von Monika Schindlbeck

Ich bin Monika Schindlbeck und als Bewegungstrainerin möchte ich Dich dabei unterstützen, gesund, kraftvoll und voller Elan zu leben. Als zertifizierte Yogalehrerin und Pilatestrainerin liebe ich die Abwechslung im Training und schwöre auf Konzentration und Verstehen als Schlüssel zum Erfolg.

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